Frankfurter Allgemeine Zeitung

Durch einen Vorhang erhält man Zutritt zu einem der fünf hintereinander liegenden Räume, die Prue Lang, Tänzerin des Frankfurte Balletts- für ihre Tanzinstallation “lnfinite Temporal Series” im Bockenheimer Depot hat bauen lassen. Durch Fenster, die auf den ersten Blick aussehen wie Spiegel und die sich perspektivisch in der Ferne verkleinern, sind sie miteinander verbunden. In jedem Raum gibt es eine Bank, auf der die Zuschauer Platz nehmen können.

Dann betritt je ein Tänzer oder eine Tänzerin einen Raum. Synchron beginnen sie zunächst, sich ganz langsam zu strecken und zu drehen, bis der erste ausbricht, um seiner eigenen Zeit zu folgen. Plötzlich tauchen immer mehr Tänzer und Tänzerinnen auf, von denen jeder seinen eigenen Zeit vorgaben zu folgen scheint. Scharf umrissen erscheinen ihre Gesichter und Oberkörper in den Fenster rahmen, als wären sie zweidimensionale Fotografien, die man hintereinander geschichtet hat. Jeder Raum wird unterschiedlich bespielt. Mal ballt sich das Geschehen ganz vorne m ersten, mal konzentriert es sich ün mittleren. Bei aller Nähe zu den Tänzern gleitet der Blick doch in die Ferne, sucht nach Mustern in der Choreographie.

Amancio Gonzales als Sprecher lebt in einem ganz anderen Raum als seine Kollegen. Als einziger darf er durch die Fenster klettern, als gälten die Grenzen für ihn nicht. Geschickt zieht Lang das Tempo an und wechselt die musikalischen Grundstimmungen. Die Zuschauer haben theoretisch die Möglichkeit, die Räume während der Vorstellung zu wechseln, um sich andere Perspektiven zu eröffnen. Nach nur knapp einer halben Stunde ist der Tanz schon wieder vorbei. Doch diesmal hätte man sich gewünscht, er dauerte länger. Denn Langs Installation birgt, gerade was Körperbilder und choreographische Möglichkeiten betrifft, noch ein weitaus größeres Potential in sich, das man in der Zukunft unbedingt ausschöpfen sollte. (Gerald Siegmund)